Esoterik

Der Esoterikmarkt boomt! In manchen Fällen bereichern die Angebote das Leben der Sinnsuchenden. In anderen sind die Methoden nicht nur teuer, sondern auch gefährlich. Etwa dann, wenn allein mit der Kraft des Geistes Krebs geheilt werden soll. In spirituellen Seminare und Therapiesitzungen wird Einiges versproche, oft vermischen sich verschiedene Methoden und Techniken, der Glaube an spirituelle Geister-Kontakte und positives Denken. Es wimmelt von Engeln und Hexen, Pendeln und kosmischen Strahlen. Gurus und Heiler bieten ein fast unendliches Spektrum an: hawaiianische Körperarbeit, Thetahealing, Quanten- und Bachblütentherapie, Channeling und eosterisches Coaching. Zeitschriften und Bücher zu Esoterik boomen ebenso wie Astro-TV-Shows. Die Umsätze in Deutschland werden auf über 20 Milliarden Euro geschätzt.

Esoterische Angebote haben einen Erlebnischarakter:  es geht darum, spannende Dinge zu erleben und intensive spirituelle Erfahrungen zu machen. Spirituelle Sinnsuche ist tief im Menschen verankert. Aber viele wollen sich nicht mehr an eine feste Gruppe anbinden, sei es an eine Kirche oder eine der klassischen Sekten. Der Trend liegt im ständigen Ausprobieren und Wechsel.

Ist Esoterik eine "Sekte"?

Ein eigenes Selbstverständnis der Esoterik gibt es nicht. Auch die "Sektenmerkmale" wie religiöse Pflichten, soziale Verbindlichkeiten und Kontrolle treffen oft nicht zu. Man könnte Esoterik quasi als eine eigene Denkform betrachten (Faivre, 1992).

Der Religionssoziologe Gerald Willms (Die wunderbare Welt der Sekten, 2012) sieht bei spirituell Sinnsuchenden trotz aller Vielfalt in Sachen Weltanschauung gemeinsame Muster:

(1) Für esoterisch orientierte Menschen hängt alles mit allem zusammen, auch wenn es unvereinbar erscheine. Für sie existierten Verbindungen zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt, die erkannt und genutzt werden könnten. So nutzten etwa Astrologen die Konstellation von Sternen zur Vorhersage von Menschenschicksalen, wenn sie Horoskope erstellten.

(2) Es gibt die Annahme von kosmischen Heilkräften und Energien, die die gesamte Wirklichkeit durchströmten und beseelten.

(3) Esoteriker sehen einen Einfluss des Menschen auf das eigene Schicksal wie bei Meditation, Trance und Jenseits-Kontakten. Ebenso gibt es eine individuelle Bereitschaft, neue oder andere Erfahrungen zu machen.

Geistige Heilverfahren, auch ein wichtiger Bereich der Esoterik, setzen nicht am Körper an, sondern an Geist und Seele – auch wenn sie durch körperliche Anwendungen praktiziert werden. Zu ihnen gehören auch Teile der angesagten chinesischen Medizin wie Akupunktur, Shiatsu, Qigong oder Reiki. Sie alle fänden zunehmend auch Verbreitung bei etablierten Therapeuten und Heilpraktikern. Das "verdeutlicht, wie unscharf der Bereich zwischen vermeintlich 'böser' esoterischer und 'guter' psychotherapeutischer Geistheilung ist", so der Religionssoziologe Willms.

Tatsächlich gibt es wissenschaftliche Belege dafür, dass zum Beispiel Meditieren einen positiven Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden hat. Deshalb ist es schon lange nicht mehr nur auf religiöse Kontexte beschränkt.

Neben den Angeboten neben der Schulmedizin tummeln sich mehr als 10.000 Geistheiler mit und ohne medizinische Vorbildung, mehr als die Hälfte organisiert im "Dachverband Geistiges Heilen". Durch Handauflegen, Lichter und Beten sollen Energien übertragen und damit den Menschen geholfen werden. Wobei der Glaube an die Wirkung keinen unerheblichen Einfluss auf die Genesung haben dürfte, sagen Wissenschaftler mit Blick auf den Placeboeffekt.

Gefahr durch esoterische Angebote

Gefährlich werden alternative Methoden, wenn eine medizinisch notwendige Behandlung ausbleibt. Verantwortungsvolle Heilpraktiker weisen deshalb darauf hin, dass ihre Behandlungen ein Zusatzangebot sind und sie rechtlich weder diagnostizieren noch Medikamente verabreichen, noch Heilung versprechen dürfen.

Doch genau das passiert häufig. "Krebs ist eine Krankheit (Hilferuf) der Seele, die im Endstadium körperlichen Ausdruck sucht", schreibt ein Heiler in der Esoterik-Zeitschrift "Grenzenlos". Er selbst habe Krebs im Endstadium durch "die Macht des Glaubens" überlebt. Jetzt bietet er dazu Bücher und Seminare an.

Problematisch wird eine esoterische Gruppierung oder ein Angebot dann, wenn schnelle Versprechungen gemacht werden, auch schwere Krankheiten wie Krebs heilen zu können. Menschen werden in ihrer Verzweiflung ausgenutzt, um Gewinn zu machen.