Wer bei einer vereinnahmenden Sekte oder Psychogruppe landet, muss dort nicht gleich unglücklich sein. Gerade am Anfang ist die Begeisterung oft groß. Deshalb: Keine Hilfe aufdrängen! Das löst nur Abwehr, Rückzug und Unverständnis aus.
Hilfreicher ist es dagegen, sich Verbündete zu suchen wie z. B. Bekannte, Freunde, Profis …, Kontakt zu halten, für die/den Betroffenen da zu sein, nicht zu belehren, nicht zu beschämen, sondern ernst zu nehmen, gemeinsame Erlebnisse und Perspektiven zu schaffen. Es ist leichter, in die Realität zurückzufinden, wenn noch Menschen da sind, denen man sich anvertrauen kann.
Emotionale Zuwendung: So viel wie möglich! Finanzielle Zuwendungen: Nein! Sie fördern möglicherweise den Weg in die Organisation und damit oft auch in die Abhängigkeit.
Selbstwertgefühl stärken und die Kritikfähigkeit fördern. Kritische Informationen sind für die Gespräche wichtig. Vielleicht erscheinen sie dem begeisterten Mitglied zunächst als kirchliche oder staatliche Propaganda - besorgtes und interessiertes Hinterfragen kann aber auf Dauer helfen, dass die/der Betroffene eines Tages selbst Fragen stellt.
Wir sollten auch die Motive bedenken: Warum gehen Leute, die wir kennen, überhaupt zu einer Sekte? Vielleicht weil sie Gemeinschaft, Zuneigung, Geborgenheit oder auch Autorität suchen; weil ihnen der Sinn fürs Leben fehlt; weil sie gerne mal eine tolle Alternative zu ihrem bisherigen Leben kennen lernen möchten; weil sie nicht ohnmächtig sein, sondern für eine gute Sache gebraucht werden wollen, weil sie neugierig sind, oder auch weil sie sich Hilfe bei körperlicher Krankheit, seelischem Leid oder existentiellem Kummer wünschen …
Aber all diese Motive sind nicht nur das Privatproblem der Betroffenen. Sie zeigen an, dass wir uns zwischenmenschlich mehr kümmern müssen – und dass unsere Kirchen und unsere Gesellschaft heute offenbar manche menschlichen Grundbedürfnisse nicht (oder nicht mehr) für alle befriedigend erfüllen. Auch daran müssen wir arbeiten.